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Wolfgang Böhm

Joachimstal 2

A- 3972 Bad Grosspertholz

 

 

W. B. "verhaftet" in Peryar/Südindien wegen betreten des Tigerreservats 

1946    23. November geboren in Wien
1962 - 1966 Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien
1966 - 1971 Akademie der Bildenden Künste in Wien - Diplom
1973   Theodor Körner- Preis

1977 - 1978 Österreichisches Staatsstipendium für bildende Kunst

1978 - 1983/86/93 Aufenthalt in Nelewatta Nelewala (Sri Lanka)
1981    Förderungspreis für bildende Kunst des Landes Niederösterreich
1982    Förderungspreis für bildende Kunst der Stadt Wien
1983   Ankaufpreis Römerquelle - Kunstwettbewerb
1983   Anton Faistauer - Preis für Malerei des Landes Salzburg
1990   Arbeitsaufenthalt Kumili, Kerala, Südindien
1994   Studienreise und Aufenthalte in Nord- und Süd- Indien
 
Ausstellungen - Auswahl
1970   Secession, Wien
1985   >Gesichte<, Künstlerhaus Salzburg
1989   Niederösterreichisches Landesmuseum Minoritenkirche Krems - Stein
1991   >Die Freude und der Schmerz< OÖ Landesmuseum, Linz
1995   >Illustrationen zur Ursache< Rupertinum, Salzburg
1999   >Dimensionen< Egon Schiele ArtCentrum, Krumlov
2001   NÖ Dokumentationszentrum für Moderne Kunst, St. Pölten
2002   Heizhaus Stammersdorf
2004   Kirche am Johannesberg
2005   Wirtschaftskammer Wien
2006   Künstlerhaus Klagenfurt
2006   Schloss Hollenburg
2006   Curhaus St. Stephan Wien

 

ZWISCHEN SCHLANGEN UND DÄMONEN

 

Vor der Landnahme der Singhalesen seien die Dschungel der Insel Lanka und Yakkas, von Schlangen und Dämonen, beherrscht worden, berichtet das Mahabharata. Die Zahl der Schlangen hat seither deutlich abgenommen. Die Schar der Teufel und Dämonen, sowie die zahl der bösen Ober und Untergötter, ihrer Befehlshaber, freilich, ist seit jenen Tagen anscheinend noch gewachsen, wie der Bürgerkrieg beweist, in dem die beiden Völker der Sonneninsel Sri Lanka, die buddhistischen Singhalesen und die hinduistischen Tamilen einander seit Jahren zerfleischen, besessen von den Dämonen des Nationalismus. Aber auch wenn man von diesen düsteren Ereignissen absieht, die das einstige Tropenparadies für Millionen seiner Einwohner zur Hölle gemacht habe, sind magische Kräfte, vorwiegend bösartiger Natur alltägliche Realität für die Ceylonesen. Dem oberflächlichen Beobachter fallen vor allem die unzähligen runden, wie umgekehrte Kessel wirkenden, weißgetünchten Dagobas- oder Stupas- und die gelbgewandeten Bhikkus- Mönche- der offiziellen buddhistischen Staatsreligion ins Auge. Daß neben und inmitten der weltabgewandten Friedenslehre des Erleuchteten, zahllose dämonische Kräfte verehrt und besänftigt, tagtäglich angerufen und beschworen werden, ahnt der Durchschnittstourist nicht, auch wenn sich ins nächtliche Crescendo der Zikaden die fernen Trommelschläge einer der vielen magischen Zeremonien mischen, mit denen das Volk der Sonneninsel Krankheit und Schicksalschläge, Wahnsinn und zerstörerische Leidenschaft nach althergebrachte Tradition zu bannen versucht. Alle jene Kultformen, die totalitäre Vaterreligionen in Europa und im Nahen Osten bis auf folkloristische Spuren wie das Perchtenlaufen unterdrückt und verdrängt haben, sie leben hier im Süden, durch die toleranten Hochreligionen des Hinduismus und Buddhismus kaum beeinträchtigt, munter fort.

Wer als Reisebürotourist in einem komfortable Hotelghetto ein zwei Wochen Sonne tankt, merkt höchstens bei einem als Frmdenverkehrsattraktion veranstalteten pittoresken Devils - Dance etwas von den dämonischen Mächten, die in den Köpfen der Einheimischen am Werke sind.

Wer sich allerdings, wie Wolfgang Böhm und ich es in der ersten Hälfte der achtziger Jahre fast jeden Winter getan haben, monatelang als Mitglieder einer bunten Kolonie in der südceylonesischen Touristenmetropole Hikkaduwa aufgehalten hat, der kann sich ebensowenig wie der Faszination der wild wuchernden und krabbelnden Natur dieses Tropenlandes der bizarren Kulte entziehen, mit denen die einheimische Bevölkerung ihre Ängste zu bannen versucht. Schon ein paar hundert Meter vom Strand weg, wo beschattet von Kokospalmen nackte Touristenscharen rösten, abseits von dort, wo entlang der Hauptstraße, Dutzende kleine Restaurants, Hotels und Souverniershops das zwanzigste Jahrhundert repräsentieren, dominiert die archaische Welt der Tropen. Im Dschungel, wie die Singhalesen sagen, obwohl es heutzutage eine Kulturlandschaft ist, repräsentiert höchstens noch eine am Deckenbalken baumelnde Glühbirne die technische Zivilisation der Neuzeit. Dort irgendwo liegt der unvergeßliche und unvergleichliche Garten der rheumageplagten Harriett und des wortkargen Pflanzers Charles Appuhamy, der seine Gäste mit einem rostigen Schwert zu schützen wußte. Dort inmitten von Palmen und alten Obstbäumen steht das alte Haus im Kolonialstil, auf dessen Veranda wir so viele Nächte lang den Geräuschen des Dschungels und der fernen trommelnder Teufelsbeschwörer gelauscht haben. Tagsüber hat Wolfgang Böhm das Geranke der Vegetation und den dämonischen Zauber dieser alten und ewig jungen Kulturlandschaft in seinen Aquarellen festzuhalten versucht, wenn er nicht gerade auf einem Korallenfelsen auf jene ganz besonders mächtige Welle wartete, die den passionierten Bodysurfer bis zum Strand tragen würde.

An einem grauen Regentag - es war 1986 und unser letzter Sri Lanka- Aufenthalt - sind wir mit dem Motorrad losgefahren, um die kleinen versteckten Tempel des Volkskultes zu suchen, jene uralten Schauplätze geheimnisvoller Riten, die in keinem Reiseführer zu finden sind. In Weragoda, am einstigen Ufer des nunmehr versumpften Telwatta Ganga waren wir beim Hauptheiligtum des Devol-deviyo, des Oberhauptes der zwölf bösen Götter der singhalesischen Mythologie. Die Sage berichtet von ihm, er sei ein zauberkundiger Händler von der indischen Malabarküste gewesen, der einst bei Sinigama gestrandet ist, wo heute das Heiligtum seine Landungsstelle markiert. Die streitbare Lokalgöttin Patini-devi habe durch einen Feuerzaun sein Eindringen in ihr Revier zu verhindern versucht. Vergeblich, Devol drang bis Weregoda vor, rammte dort seinen Stab ein, der sogleich Wurzeln schlug und heute ein riesiger Solulila- Baum ist, baute sich eine Hütte und nahm ein einheimisches Weib. gelebt haben soll er von der magischen Verwandlung von Sand in Zucker und von Tonscherben in Münzen, bis seine magischen Kräfte bekannt wurden und ihn die Gläubigen in den Rang eines Gottes erhoben, dem anstelle seiner Behausung ein Tempel errichte wurde. Von der Staße aus ist der Tempel durch eine Reihe von Läden abgeschirmt und nur durch den Hintereingang eines Elektrogeschäftes kamen wir auf das mit magischen Steinsäulen übersäte Gelände, wo alljährlich zum Julivollmond eine Woche lang geheimnisvolle Riten gefeiert werden, die dem vier Wochen später stattfindenden Nationalfest in Kataragama ähnlich sein sollen. der Kapura, der Volkspriester, der das Heiligtum hütet eilte sogleich herbei und sperrte uns das bescheidene Tempelhäuschen auf. Die heilige Kobra, die in den Wurzeln von Devol-deviyos Baum hausen soll, zeigte sich freilich nicht.

Und auch die trinkgeldheischend ausgestreckte Hand des Schamanen tat der Weihe dieser Kultstätte, die wohl so alt wie Stonehenge ist, keinen Abbruch.

Weiter fuhren wir im Nieselregen auf schlaglochübersäter Nebenstraße zu einem anderen Lokalheiligtum, dem Gott Shiva geweiht, aber auch mit anderen höheren Wesen besetzt, bei denen man seinem Nachbarn die Pest an den Hals wünschen kann, wofür Lord Buddha nun wirklich nicht zuständig ist. Auch dort fand sich bald ein schlüsselbewehrter Hüter, der uns einließ. Mantras, mit Holzkohle an die Wand geschrieben, der Duft verwelkender Blumen und ein Hauch von Räucherwerk verschmolzen im Dämmer des Regentages zu einer dämonischen Idylle.

Zwischen nassen glänzenden Teesträuchern fuhren wir weiter ins Hügelland, besichtigten den Hindutempel einer tamilischen Teepflückerkolonie. In der Dämmerung fuhren wir im Regen wieder heim nach Hikkaduwa, gerieten noch in den Trubel eines Schulfestes, bahnten uns den Weg durch hunderte weiß-schwarz uniformierte Kinder und erreichten bei Einbruch der Nacht unser Heim bei Charles und Harriett.

Keiner von uns weiß, wann er einmal heimkehren kann nach Hikkaduwa, ob der Frieden jemals wieder auf der Sonneninsel einkehrt. Doch auch fern von Harrietts Garten trage ich das Gefühl von damals unauslöschlich in mir und es wird wahr wenn ich Wolfgang Böhms Bilder ansehe.

Manfred Marschalek

 

 

Wolfgang Böhm schöpft aus Bereichen, die hinter dem Schein liegen. Seine Kunst entstammt dem Nichtmateriellen. Sie entwickelt sich aus dem Geistigen. Böhms Malerei entspringt meditativen Akten. Im Malvorgang selbst entdeckt der Künstler die Struktur der Kreativität. Malen wird zum Erkenntnisprozess, zur Reflexion schöpferischer Erfahrung. Böhms Bilder sind Dokumentation dieses meditativen Vorgehens. Die ihnen wesentliche Abstraktion weist ihn auf außerphysische, transzendente Phänomene. Da metaphysische und mystische Erfahrungen nur außerhalb der materiellen Welt erfahrbar sind, und damit außerhalb der üblichen Sinneswahrnehmung stehen, können materialisierte Bildinformationen bloß als Fingerzeige und Wegweiser, unabhängig von ihrem formalästhetischen Eigenwert, für jenes andere genommen werden.

Böhms wuchernde Abstraktionen funktionieren aber auch im Sinn eines explorativen Rohrschachtests. Bildinhalte, die der Betrachter zu entdecken vermeint, sind bloß Verhetzungen des Betrachters selbst. Erkennt jener diese Funktion, erlebt er einen Teil von sich selbst .

Böhm steht dem Buddhismus nahe, insbesondere der Spielform des Zen. Die Erkenntnistechniken des Zen, die Entkonditionierung der Einbildung, ähneln der Böhmschen Vorgangsweise. Er zielt hin auf eine Wandlung des Gegenständlichen ins Geistige.

Franz Krahberger

 

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